Stellungnahme von lifeline e.V. zum »New Pact on Migration and Asylum« der EU-Kommission unter Ursula von der Leyen vom 23.09.2020

lifeline e.V. schließt sich der Aktion »Nein zu einem Europa der Haft- und Flüchtlingslager!« von Pro Asyl (http://aktion.proasyl.de) an und fordert die EU-Kommission dazu auf, den Schutz der Menschenrechte in den Mittelpunkt der EU-Migrationspolitik zu stellen.

Missachtung der Kinderrechtskonvention

Im Mittelpunkt des New Pact on Migration and Asylum steht ganz deutlich das Interesse eines beschleunigten Ablehnungs- und Abschiebungsmanagements, und nicht der Schutz der Menschenrechte. Besonders bedenklich ist aus Sicht von lifeline e.V. die Missachtung der Kinderrechtskonvention, die Kinder unter 18 Jahren unter besonderen Schutz stellt.

So sieht der New Pact on Migration and Asylum die Möglichkeit von schnellen Asylgrenzverfahren vor, die das reguläre Asylverfahren ersetzen. Diese sollen für Menschen einschließlich Kinder über 12 Jahren aus Herkunftsländern, deren Anerkennungsquote im Durchschnitt der EU-Staaten unter 20 % liegt, verpflichtend sein.

„Diese Grenze von 20% ist willkürlich gezogen. Das Herkunftsland ist kein Indiz gegen eine individuelle Verfolgung. Aus Ländern, die unter dieser Quote liegen, kommen komplexe Fälle, die eine genaue und keine beschleunigte Betrachtung brauchen.“ (Pro Asyl)

Mitgliedstaaten können darüber hinaus entscheiden, das Grenzverfahren auf fast alle Asylsuchenden auszuweiten (Art. 41 Abs. 1). Damit droht das Grenzverfahren in manchen Mitgliedstaaten zum Standardverfahren zu werden.

Zudem sieht der Pakt eine „Fiktion der Nicht-Einreise“ (s. Pro Asyl) (Art. 4 i.V.m. Art. 6 Abs. 3) vor: Das Screening-Verfahren soll in der Regel fünf Tage und in Ausnahmefällen zehn Tage dauern. Im Extremfall könnten Schutzsuchende bis zu 9 Monaten im Grenzverfahren verweilen. Währenddessen gelten die betroffenen Personen als nicht eingereist. Diese Fiktion der Nicht-Einreise ist nur unter erheblicher Einschränkung der Bewegungsfreiheit und der Unterbringung unter Haftbedingungen aufrecht zu erhalten.

Diesem beschleunigten Grenzverfahren sollen auch Kinder über 12 Jahre (Art. 41 Abs. 5) unterworfen werden: Vom Asylgrenzverfahren sind explizit unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und Minderjährige unter 12 Jahren samt deren Familien ausgenommen. Kinder über 12 Jahre würden demnach diesem Grenzverfahren unterworfen werden. Dieses Verfahren kann aufgrund der zu erwartenden Haftbedingungen aber nicht kindgerecht ausgestaltet werden.

Dies widerspricht der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen, in der Personen unter 18 Jahren als Kinder definiert und unter speziellen Schutz gestellt werden.

Es soll zudem nur „falls relevant“ (Art. 9 Abs. 2) geprüft werden, ob sich Personen in einer schutzbedürftigen Lage befinden (zum Beispiel Opfer von Folter sind oder besondere Aufnahmebedürfnisse im Sinne der Aufnahmerichtlinie haben).

Darüber hinaus soll zukünftig – selbst bei Durchreise – verpflichtend das Konzept des sicheren Drittstaates angewendet werden (Art 45). Und für die Einordnung als sicherer Drittstaat soll nicht mehr zwingend erforderlich sein, dass in dem betreffenden Staat die Möglichkeit zur Erlangung von Schutz gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) besteht (Art. 45 Abs. 1 lit. e).

Abkehr von internationalen Menschenrechtsabkommen

Die Absicht, internationale Abkommen zum Schutz der Menschenrechte und der Rechte von Geflüchteten zu unterlaufen, wird deutlich (Kinderrechtskonvention, Genfer Flüchtlingskonvention). Darüber hinaus kann dieses Verfahren auch nicht die Rechte garantieren, die in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschrieben sind: Wie das Recht auf Freiheit und Sicherheit (Art 5), das Recht auf ein faires Verfahren (Art 6) und das Recht auf wirksame Beschwerde (Art 13). So haben die Schutzsuchenden nicht den notwendigen Zugang zu Rechtsberatung und –vertretung, der entscheidend für rechtsstaatliche Verfahren ist. Es ist außerdem nur eine Instanz bei Klageverfahren in Grenzverfahren vorgesehen. Die Klage soll keine automatisch aufschiebende Wirkung haben (Art. 53 Abs. 9, Art. 54 Abs. 3 lit. a neuer Entwurf für eine Asylverfahrensverordnung).

All dies widerspricht auch den menschenrechtlichen Prinzipien der Progressivität und des Verbots des Rückschritts. Diesen zufolge darf nicht hinter den bereits erlangten Schutzstandard zurückgefallen werden.

Menschenrechte müssen im Mittelpunkt der Migrationspolitik stehen

Bei den Asylgrenzverfahren müssen menschenrechtliche Erwägungen im Zentrum stehen. Aus Menschenrechtsperspektive sind Verfahren abzulehnen, in denen Schutzsuchende, und insbesondere Kinder, pauschal Freiheitsentziehungen unterworfen werden. Umso mehr wenn dies geschieht, ohne ihre individuellen Fluchtgründe zu prüfen.

Statt sich der Herausforderung zu stellen, den menschenunwürdigen Bedingungen wie sie in den Flüchtlingslagern Griechenlands herrschen, und dem Ertrinken unzähliger Schutzsuchender im Mittelmeer ein Ende zu setzen, fährt die EU Kommission mit der Verlagerung der Migrationspolitik an die Außengrenzen und in vermeintlich sichere „Partnerstaaten“ außerhalb der EU fort.

Mit einer derartigen Migrationspolitik wird sich die EU international ihre Glaubwürdigkeit als „Hüterin der Menschenrechte“ vollends verspielen. Die Mitgliedsstaaten würden entgegen ihrer bereits eingegangenen Verpflichtungen im Rahmen des internationalen Menschenrechtsschutzes handeln.

Menschen und besonders Kinder und ihre Familien haben ein Recht auf ein individuelles und faires Asylverfahren. Der Versuch der EU Kommission, mit diesem Pakt Menschen möglichst gar nicht erst in den Genuss des Schutzes innerhalb der EU kommen zu lassen, indem sie künstlich „nicht eingereist“ sind, ist schändlich.

Fortbildung Interkulturelle Sensibilität

lifeline e.V.: Sophienblatt 64a, 24114 Kiel, 4. Stock

Zeit: Dienstag, 13.10.20, 17:00 bis 20:00 Uhr

Liebe Ehrenamtliche und Interessierte,

wir, Shamsia Azarmehr, Paritätischer SH und Konrad Paul, lifeline e.V. möchten Sie herzlich einladen zum Seminar „Was bedeutet Interkulturelle Kompetenz?”.

Unsere Gesellschaft ist von Vielfalt geprägt. Eine Vielzahl von Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund hat ein großes Interesse daran, Kontakt zu den hier aufgewachsenen Menschen zu knüpfen. Interkulturelle Kompetenz meint, mit Menschen anderer kultureller Prägung angemessen und zufriedenstellend umgehen zu können.

Orte, an denen Menschen mit verschiedenen Hintergründen, aber gleichen Interessen zusammenkommen, ermöglichen Kontakte, gemeinsame Aktivitäten und Beteiligung in der Gesellschaft. Damit können sie die Zivilgesellschaft und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Häufig treten dabei unterschiedliche Ansichten und Perspektiven zutage, mit denen es angemessen umzugehen gilt.

Interkulturelle Kompetenz meint aber auch, Geflüchtete selbst mit in die Arbeit einzubeziehen und sich gemeinsam auf zukünftige Herausforderungen einzustellen.

Im Workshop wollen wir uns verschieden Aspekte der interkulturellen Kompetenz anschauen und überlegen, was das Thema für die Vormundschaftsarbeit bedeutet und welche Herausforderungen und Chancen sich dabei bieten.
Aufgrund der aktuellen Lage sind maximal 8 Teilnehmer*innen möglich.

Anmeldungen bitte per Telefon 0431/2405828 oder per Mail an lifeline@frsh.de

Bis dahin eine schöne Zeit wünschen

Shamsia Azarmehr und Konrad Paul

Digitale Fortbildung “Mitwirkungspflicht für junge Geflüchtete”

Moin liebe Ehrenamtliche und Interessierte,

Torsten Döhring, Stellvertreter des Landesbeauftragten für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen, wird über den Begriff der “Mitwirkungspflicht” referieren. Alle Geflüchtete sehen sich gezwungen für die Entwicklung einer Bleibeperspektive ihre Identität gegenüber der jeweiligen Ausländerbehörde darzulegen und zu klären. Nicht erst seit den “Hau-ab-Gesetzen” dient die Mitwirkungspflicht als Druckinstrument. Wirken Geflüchtete bei der Identitätsklärung nicht mit, steht den Behörden ein Insturmentarium an Sanktionen zur Verfügung. Dies reicht von der Verwehrung der Ausbildungsduldung bis hin zur “Duldung light”, der Einschränkung von Leistungen auf ein absolutes Minimum. Torsten Döhring wird uns einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen liefern.
Die Veranstaltung findet digital über die Software “Zoom” statt. Der Link zur digitalen Veranstaltung geht den Teilnehmer*innen einen Tag vor der Veranstaltung als Link per Email zu.

Der digitale Veranstaltungsraum wird ab 16:15 Uhr geöffnet sein, so dass bei etwaigen technischen Problemen Hilfe geleistet werden kann.

Datum: Dienstag, 29.9.2020, 17-20 Uhr
Ort: digitale Veranstaltung über die Software Zoom

Anmeldungen werden ab sofort entgegen genommen, entweder telefonisch unter 0431/2405828 oder per Email unter lifeline@frsh.de

Es grüßt freundlich und wünscht eine schöne Zeit
Konrad Paul

Fortbildung: Jugendhilfe für unbegleitete minderjährige Geflüchtete

Datum | Ort
15.09.2020 18:00 – 19:30 Uhr, lifeline e.V., Sophienblatt 64a, 24114 Kiel, 4. Stock

Eng verwoben mit dem Thema unbegleitete minderjährige
Geflüchtete, ist das Thema Jugendhilfe. Im Sozialgesetzbuch VIII sind dabei die Grundlagen festgeschrieben und konkrete Hilfen benannt.

Kirsten Heukamp, Diplom-Sozialpädagogin im Jugendamt des Kreises Rendsburg-Eckernförde, gibt uns einen Einblick in die für unbegleitete Minderjährige relevanten Hilfen, den notwendigen Antragsverfahren, der Hilfeplanung sowie der Mitwirkung der Beteiligten.

Im Anschluss an die Präsentation gibt es die Möglichkeit Fragen zu stellen und in eine vertiefte Diskussion zu gelangen.

Aufgrund der aktuellen Einschränkungen zur Verhinderung der Ausbreitung des Corona-Virus beschränkt sich die Teilnehmerzahl auf 8 Plätze.

Anmeldungen sind telefonisch möglich unter 0431/2405828 oder per Mail unter lifeline@frsh.de

Es grüßt freundlich
Konrad Paul

Informationsnachmittag für junge Geflüchtete zu §25a AufenthG

Viele der geflüchteten Jugendlichen, die schon länger in Deutschland sind, hoffen auf eine Aufenthaltserlaubnis gemäß §25a AufenthG „Aufenthaltserlaubnis für gut integrierte Jugendliche und junge Heranwachsende“ und stellen dementsprechende Anträge bei den Zuwanderungsbehörden.

Da das Thema aktuell viele Jugendliche betrifft, bietet lifeline im Juli zwei Fortbildungsnachmittage rund um das Thema §25a AufenthG an. Es sollen die Voraussetzungen, das Antragsprozedere, die Anwendungshinweise des schleswig-holsteinischen Innenministeriums u.a. besprochen werden. Diese Veranstaltung richtet sich an die jungen Geflüchtete.

Aufgrund der aktuellen Situation sind die Plätze begrenzt.
Anmeldungen bitte per Mail an stefanie.roepke@lifeline-frsh.de oder per Telefon 0431-60835809.