Pressemitteilung vom 9. Februar 2021: Sofortiger Abschiebestopp nach Afghanistan!

96 Organisationen und Initiativen verurteilen aufs Schärfste die geplante Abschiebung mitten im Lockdown in das Kriegs- und Krisengebiet Afghanistan

Wie im Dezember letzten Jahres wieder begonnen, setzt Deutschland seine monatlichen Abschiebungen nach Afghanistan auch 2021 fort. Abschiebungen in ein Land, welches 2020 schon das zweite Mal in Folge vom Institute for Economics & Peace in seinem Global Peace Index 2020[1] als das gefährlichste Land der Welt eingestuft wurde. Am 31. Januar 2021 hat das Auswärtige Amt Afghanistan als Gebiet mit besonders hohem Infektionsrisiko (Hochinzidenzgebiet) ausgewiesen und als Konsequenz seine Reise- und Sicherheitswarnungen noch weiter verschärft, da Afghanistan von COVID-19 besonders stark betroffen sei und das Gesundheitssystem den Belastungen nicht standhalte.[2] Im September 2020 stellte das Oberverwaltungsgericht Bremen[3] und im Dezember 2020 auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg[4] außerdem fest, dass auch gesunde, alleinstehende Männer ohne soziales Netzwerk in Afghanistan nicht dorthin abgeschoben werden dürfen, da sie aufgrund der durch die Corona-Pandemie verschlechterten wirtschaftlichen Lage nach einer Abschiebung ihre elementarsten Bedürfnisse absehbar nicht decken können. Ungeachtet dessen plant Deutschland am 9.2.2021 den nächsten Abschiebeflug nach Afghanistan, bei dem sich erfahrungsgemäß wieder viele Bundesländer beteiligen werden. Während in Deutschland einerseits um jedes Leben gekämpft wird, werden andererseits Menschen in ein Covid19- Hochrisiko- und Kriegsgebiet abgeschoben und die lebensbedrohliche Situation dort wissentlich in Kauf genommen. Der Sammelcharter am 9. Februar wäre der erste Abschiebflug aus Deutschland seit der informellen „Joint Declaration on Migration Cooperation“[5], die die Europäische Union und Afghanistan im Januar dieses Jahres unterzeichnet haben und die für unbestimmte Zeit gelten soll. Demnach können künftig monatlich bis zu 500 Flüchtlinge aus der EU nach Afghanistan abgeschoben werden. Unter den von der Abschiebung am 9. Februar Betroffenen sind voraussichtlich der 22jährige Hasib aus Kempten/Allgäu, der dort zur Schule ging, jobbte, Fußballspielen liebt, eine Ausbildung beginnen wollte und jetzt in Abschiebehaft in Ingelheim sitzt[6] sowie der 20jährige H. aus NRW, der im Iran geboren wurde, mit neun Jahren nach Deutschland kam, noch nie in Afghanistan war und dort auch keine Angehörigen hat.[7] Um nur zwei Schicksale zu nennen. Der Schutz von Menschenleben während einer globalen Pandemie einzigartigen Ausmaßes kann nicht an nationalen Grenzen halt machen und vom Aufenthaltsstatus oder der Nationalität abhängen. Wir fordern die Bundesregierung auf, sofort jegliche Abschiebungen nach Afghanistan zu stoppen und Menschenleben zu schützen!

Die Pressemitteilung mit der Liste der Organisationen und Initiativen finden Sie hier:


[1] https://www.economicsandpeace.org/wp-content/uploads/2020/08/GPI_2020_web.pdf

[2] https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/afghanistansicherheit/204692

[3] https://www.oberverwaltungsgericht.bremen.de/entscheidungen/detail.php?gsid=bremen72.c.20994.de&asl=bremen72.c.11265.de

[4] https://verwaltungsgerichtshof-baden-wuerttemberg.justiz-bw.de/pb/,Lde/8969988/?LISTPAGE=1213200

[5] https://www.statewatch.org/media/1801/eu-council-joint-declaration-afghanistan-5223-21-add1.pdf

[6] https://www.ulla-jelpke.de/2021/02/12784/

[7] https://www.facebook.com/nedajeafghan/posts/2398011833655737

Gewalt und drohender Kältetod in Europa?!

Breites Bündnis fordert umgehende Aufnahme der in Bosnien gestrandeten Schutzsuchenden

Gemeinsame Presseerklärung

Kiel/Frankfurt/M., 20.01.2021

In Unterstützung des Aufrufs vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein und anderer Akteure appelliert auch lifeline e.V. an Ministerpräsident Günther

Auf Initiative der Balkanbrücke, Seebrücke, PRO ASYL und Landesflüchtlingsräten fordert ein Bündnis aus rund 140  zivilgesellschaftlichen Organisationen und Initiativen, darunter lifeline e.V., die sofortige Evakuierung und Aufnahme der in Bosnien/Herzegowina Schutzsuchenden in Deutschland. Die Bundesregierung darf der humanitären Krise vor den Toren der EU nicht länger tatenlos zusehen.

Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein und andere in der Flüchtlingshilfe im Bundesland Engagierte hatten sich schon zum Jahreswechsel mit einem dringenden Appel zur Aufnahme der obdachlos gewordenen Geflüchteten aus dem bosnischen Lager Lipa an Ministerpräsident Daniel Günther und Innenministerin Sabine Sütterlin Waack gewandt. „Eine Antwort der Landesregierung steht bis dato noch aus”, stellt Martin Link, Geschäftsführer beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein, mit Bedauern fest.

Denn noch immer harren ca. 3.000 Menschen auf der Flucht ungeschützt vor dem bosnischen Winter ohne winterfeste Unterbringung aus. Ihnen droht der Kältetod. Die EU hat sich bislang mit Geld für die »Hilfe vor Ort« aus der Verantwortung für die Geflüchteten freizukaufen versucht. Aber in Bosnien wird es keine menschenwürdige Lösung für die Schutzsuchenden geben. Es müssen jetzt schnelle und unbürokratische Evakuierungs- und Rettungsmaßnahmen eingeleitet werden.

Die meisten der in Bosnien-Herzegowina gestrandeten Schutzsuchenden befanden sich bereits in der EU, sie wurden allerdings von kroatischen Grenzpolizist*innen nach Bosnien zurückgeprügelt. Seit Jahren sind an der bosnisch-kroatischen Grenze Push-Backs, die mit äußerster Brutalität durchgeführt werden und gegen internationales und europäisches Recht verstoßen, an der Tagesordnung.

Die Push-Backs geschehen mit Billigung und Unterstützung der EU und der Bundesregierung. Ungeachtet der gut dokumentierten, systematischen Menschenrechtsverletzungen wird Kroatien für den Grenzschutz allein seit Dezember 2018 mit über 18 Mio. Euro von der EU unterstützt. Vom deutschen Bundesinnenministerium erhielt die kroatische Grenzpolizei 2020 zusätzlich Wärmebildkameras und Fahrzeuge.

Statt aber die Gewalt zu unterstützen muss die Bundesregierung entsprechend der Aufnahmebereitschaft in Deutschland handeln: Über 220 Kommunen und mehrere Bundesländer, in Schleswig-Holstein 18 Kommunen und Gemeinden, haben in den vergangenen Monaten die Aufnahme von Schutzsuchenden zugesagt. Allein in den schleswig-holsteinischen Landesunterkünften sind aktuell über 700 freie Plätze vorhanden.

Auch die Zivilgesellschaft unterstützt diese Bereitschaft – Balkanbrücke und Seebrücke rufen am 30. Januar unter dem Motto »Aufnahme statt Abschottung« bundesweit zu corona-konformen Protesten auf.

Das Bündnis fordert:

● Stopp der gewaltsamen illegalen Push-Backs an den europäischen Außengrenzen. Das Recht aller Menschen auf Zugang zu einem fairen Asylverfahren in der EU muss endlich eingehalten werden.

● Stopp der bundesdeutschen Unterstützung für die kroatische Grenzpolizei!

● Die Bundesregierung muss sofort handeln. Die Schutzsuchenden in Bosnien-Herzegowina müssen evakuiert werden. In Deutschland stehen Länder und Kommunen zur Aufnahme bereit.

#WirhabenPlatz

Zum Aufruf und der Liste aller mitzeichnenden Organisationen geht es hier (PDF im Anhang). Unterzeichnet haben unter anderem Paritätischer Gesamtverband, medico international, terre des hommes, pax christi, der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein und die anderen Landesflüchtlingsräte, Border Violence Monitoring Network, No Name Kitchen, Diakonie Hessen, Baden, Rheinland und Diakonische Werke in verschiedenen Bundesländern.

Pressekontakte

·         Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V., T. 0431-735 000, public@frsh.de

·         PRO ASYL per Telefon und Mail unter: 069 / 24 23 14 30 und presse@proasyl.de

·         Balkanbrücke per Telefon und Mail unter: 01753612615 und Mail: info@balkanbrücke.org

·         Seebrücke per Telefon und Mail unter: Henri Dubois, 015788992368, henri@seebruecke.org

„Wir wollen einen Film machen, der zeigt, dass wir gute Menschen sind und etwas Gutes für diese Gesellschaft tun.”

Diese Idee wurde so ähnlich beim ersten Treffen mit Jugendlichen im Projekt Anker werfen! von lifeline e.V. , die an Medienarbeit interessiert waren, gesagt. In Workshops wurde mit dem Filmemacher Moses Merkle die Geschichte entwickelt, in der der Gegensatz von deutschen Sicherheitsvorkehrungen und der Lebenssituation von Geflüchteten, die schon lange hier sind, zum Thema wird. Film- und Tonaufnahmen entstanden unter erschwerten Bedingungen während der Corona-Einschränkungen.

eine Kooperation mit Filmemacher Moses Merkle

Unser Projekt „Anker werfen! Junge Geflüchtete finden ihren Platz” geht nach drei intensiven Jahren zu Ende.

Wir freuen uns, dass wir die jungen Menschen, die daran teilgenommen haben, ein Stück ihres Weges begleiten konnten, damit sie dem Platz, der ihren Fähigkeiten und Interessen entspricht, näher kommen. Die Anker werfer*innen haben viele neue Erfahrungen machen können, neue Orte und Menschen kennengelernt und dadurch Schritte zu mehr Teilhabe gemacht.

Die Broschüre zum Projekt finden sie hier.

Weitere Informationen zu Auswertung und Einschätzungen zum Projekt Anker werfen! finden Sie hier.

Wir suchen Ehrenamtliche!

lifeline e. V. sucht laufend Menschen, die sich bereit finden, sich ehrenamtlich für junge Geflüchtete zu engagieren.

Kommen unbegleitete minderjährige Geflüchtete hier an, werden sie zunächst vom zuständigen Jugendamt in Obhut genommen (entspr. §42a SGB VIII).
In der Regel wird dem zuständigen Jugendamt die Vormundschaft zugesprochen. Es wird eine sogenannte Amtsvormundschaft eingerichtet.

Steht jedoch ein*e geeignete*r Einzelvormund*in zur Verfügung, so ist das Vormundschaftsgericht gehalten, für den/die jugendliche*n Geflüchtete*n vorrangig den/die Einzelvormund*in zu bestellen.
Auch eine nachträgliche Bestellung eines ehrenamtlichen Einzelvormundes durch das Familiengericht ist möglich.

Auch nach dem Erreichen des 18. Lebensjahrs brauchen die jungen Geflüchteten weiter Unterstützung, sei es für die Begleitung bei alltäglichen Aufgaben, sei es für die Unterstützung in der Schule/Ausbildung durch Nachhilfe oder einfach als Ratgeber*in.

Daher suchen wir im Rahmen des Projekts Frische Brise fortlaufend Ehrenamtliche: Ihr könnt euch als Vormund*in, als Begleiter*in oder bei der Nachhilfe engagieren und dabei bereichernde Erfahrungen mit den jungen Menschen sammeln.

Bei Interesse meldet Euch bitte, schreibt  an lifeline@frsh.de oder telefonisch unter 0431/2405828. Wir klären dann alles Weitere, sorgen auch für Fortbildungen und stehen immer beratend zur Seite!